koreanische Kunst

koreanische Kunst
koreanische Kunst,
 
die Kunst der Halbinsel Korea. Sie zeigt trotz der deutlichen kulturellen Abhängigkeit von China einen eigenen Charakter in schlichter Formensprache und ausgeprägtem Gefühl für die Linie.
 
 Prähistorische Periode
 
Seit den 1960er-Jahren haben zahlreiche archäologische Funde gezeigt, dass Korea bereits im Paläolithikum besiedelt war. Neolithische Erzeugnisse waren behauene oder geschliffene Steingeräte wie Äxte, Keile, Pfeilspitzen und große, flache Steine zum Mahlen von Getreide sowie Fischhaken, Nadeln, Kämme und spitzbodige Tongefäße mit Kammmuster (3. Jahrtausend bis circa 7. Jahrhundert v. Chr.). Die v. a. in westlichen Küstengebieten gefundene Kammkeramik (Chŭlmun-t'ogi) ist aus Tonstreifen ringförmig aufgewulstet. Die Oberfläche des Gefäßes ist mit Ritzmustern in horizontalen Bändern am Hals verziert. Die Technik dieser Kammkeramik übernahmen die Koreaner von Einwanderern aus Sibirien. Um das 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden v-förmige Gefäße, die als Mumun-t'ogi (dekorlose Keramik) bezeichnet werden. Daneben gab es die v. a. in der Provinz Hamgyŏng gefundene rote Keramik (Hongt'o) mit einem polierten Überzug aus rotem Ocker.
 
Zu den frühen Beispielen der Bronzekunst gehören Dolche und Lanzen, Schulterschutz, mehrteilige Rasseln mit Stab und v. a. Spiegel mit feinem oder grobem geometrischen Muster. Viele Bronzen zeigen ähnlich wie im Ordosgebiet Tiermotive. Im 2. Jahrhundert n. Chr. entstand im Südosten Koreas graue hart gebrannte Keramik mit bläulichem Schimmer (Kimhaekeramik), die aus feinerem Ton auf der Drehscheibe hergestellt und bei Temperaturen von über 1 000 ºC gebrannt wurde. Aus ihr entwickelte sich die spätere Sillakeramik.
 
 Drei Königreiche
 
Das im 4. Jahrhundert n. Chr. erstarkende nordkoreanische Königreich Koguryŏ stand in enger kultureller Verbindung mit China. Nach der Einführung des Buddhismus (372) wurden Tempelbauten errichtet, die jedoch nicht erhalten sind. Die wenigen erhaltenen buddhistischen Plastiken sind stark von der gleichzeitigen chinesischen Skulptur beeinflusst. Charakteristisch für die buddhistische Plastik Koguryŏs ist eine mollige Gesichtsform von Buddhas und Bodhisattvas. Für Könige oder Heerführer wurden gewaltige Hügelgräber (Kobun) angelegt, deren Grabkammern Wandmalereien (4.-7. Jahrhundert) zeigen. Die Details von Frauengewändern wie Faltenrock, Pluderhosen, weißes Kopftuch und aufgedrehte Schuhspitzen gestatten eine Rekonstruktion der Kleidung jener Zeit. In den Gräbern aus dem 4. und 5. Jahrhundert sind Alltags-, Tanz- und Jagdszenen dargestellt (z. B. im Grab der Tänzer bei T'onggu oder im Doppelsäulengrab bei Pjöngjang).
 
Das Königreich Paekche in Südwestkorea suchte durch Seeverbindung Kontakte zu den Dynastien Südchinas. Außer einigen Skulpturen und Steinpagoden ist von der blühenden buddhistischen Kultur wenig erhalten. Grundrisse lassen erkennen, dass bei der Anlage von Tempelbauten Hauptportal, Pagode, Haupthalle und Predigthalle auf einer Achse ausgerichtet wurden. Diese Anordnung wurde von den Japanern übernommen, z. B. im Shitennōji in Ōsaka. Von der Qualität der Baukunst von Paekche zeugen die wenigen erhaltenen reliefierten Ziegel mit Landschaftsszenen. Die buddhistischen Skulpturen unterscheiden sich von denen Koguryŏs oder Sillas durch ihre sanft lächelnden Gesichtszüge. Seit der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts gibt es auch die aus den geglätteten Felswänden gehauenen buddhistischen Figuren wie die Sŏsan-Trias. Die typische Paekchekeramik ist eine hellgraue Tonware, zum Teil mit grünlicher Glasur. Funde aus dem Grab des Königs Munyŏng (501-523) in Kyŏngju dokumentieren die hoch entwickelte Goldschmiedekunst (goldener Haarpfeil mit Lotosdekor, vergoldete Schuhe aus Bronze mit Vogeldekor, Ohrringe, Armbänder, Halsketten u. a.).
 
Das Königreich Silla im Südosten ist durch reiche Beigaben aus Gold (Anzeichen für den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod) in den großen Hügelgräbern in der Umgebung von Kyŏngju bekannt. Bedeutende Werke der buddhistischen Plastik sind der Bronzekopf eines Bodhisattva aus dem Tempel Hwangnyŏngsa und die beiden im Nationalmuseum von Seoul befindlichen Maitreyas in nachdenklicher Haltung. Eine besondere Leistung der alten Sillazeit ist die 647 in Kyŏngju errichtete Sternwarte (Ch'ŏmsŏngdae). Die Steinreliefs mit zwölf Tierkreiszeichen vom Grab des Generals Kim Yusin zeigen kosmologische Vorstellungen.
 
 Vereintes Silla
 
Als Folge der Anerkennung des Buddhismus (527) entstanden im 8. Jahrhundert bei Kyŏngju der Tempel Pulguksa und die Höhle Sŏkkuram. Für die Bronzekunst der Zeit sind große Glocken charakteristisch. Glasierte Tonreliefs mit Lotos- oder Phönixdekor, aber auch mit figürlicher buddhistischer Motivik schmücken die Tempel.
 
 Die Koryŏdynastie
 
936 wurde das Königreich Koryŏ errichtet. Unter seinem ersten Herrscher Wang Kŏn wurden im ganzen Land buddhistische Tempel gebaut, allein 300 in der Hauptstadt Kaesŏng. Erhalten sind Bauten des Tempels Pusŏksa. Die mehrstöckigen Steinpagoden (Tap) der Koryŏperiode haben mehr dekorativen Charakter. In der buddhistischen Plastik zeigt sich eine Tendenz zur Abstraktion, u. a. nehmen die Augen einer Buddhadarstellung die Form lang gezogener Schlitze an. Während die buddhistische Wandmalerei fast vollständig zerstört ist, haben sich Miniaturen in Sutrarollen mit feiner Goldmalerei auf dunkelblauem Papier erhalten. Für die profane Kunst sind die lebendig geschnitzten Tanzmasken mit beweglicher Kinnpartie erwähnenswert. Das bekannteste Erzeugnis der Keramik ist Seladon.
 
 Die Chosŏndynastie
 
Hauptstadt der Chosŏn- oder Yidynastie wurde Hanyang, das heutige Seoul. Einige Palastbauten, die meist nach den japanischen Invasionen von Toyotomi Hideyoshi (1592-98) nach altem Vorbild wieder aufgebaut wurden, unterscheiden sich von der Holzarchitektur der Koryŏdynastie durch ihr prachtvolles Gebälk mit mehrstufigen Dächern und zunehmender Schwingung der First- und Traufkanten (z. B. die Palastbauten Tŏksukung, Kyŏngbokkung und Ch'anggyŏngwŏn in Seoul). Außer Palästen baute man zahlreiche konfuzianische Schreine sowie Stadtbefestigungsanlagen. Unter den buddhistischen Holzbauten sind die Tempelhallen von Kŭmsansa und Hwaŏm-sa mit mehrfach übereinander liegenden Dächern bemerkenswert. Unter den Yikeramiken waren die Punch'ŏngkeramik und weißes Porzellan vorherrschend. Dieses Yiporzellan wird in zwei Arten eingeteilt: monochrome weiße Keramik und weiße Keramik mit blauer Unterglasurbemalung, letztere zeigt als Dekor v. a. Drachen und Landschaftsszenen. Die Tuschmalerei der Chosŏndynastie wird in eine frühe (15.-16. Jahrhundert) und eine späte (17.-18. Jahrhundert) Phase eingeteilt. Zunächst stand sie unter dem Einfluss der chinesischen Malerei v. a. der Song- und Mingzeit, besonders des höfischen Stils. Die bedeutendsten koreanischen Hofmaler des 15. Jahrhunderts waren An Kyŏn (* um 1400, ✝ 1464 oder 1470) und Yi Sangjwa (* 1465 oder 1488), ferner Literatenmaler wie Kang Hui'an (* 1419, ✝ 1465) und die Malerin Shin Saimdang (* 1512, ✝ 1559) sowie der Bambusmaler Yi Chŏng der Ältere (* 1541, ✝ 1622). Charakteristisch für die koreanische Malerei wurden im 16. Jahrhundert ein groberer Pinselduktus und ein zunehmendes Interesse an einem breiten Raumgefühl im Bild. Im 17. Jahrhundert ragen Kim Myŏngguk (* 1600, ✝ nach 1662) und Yun Tusŏ (* 1668, ✝ um 1720) hervor, jedoch erst im 18. Jahrhundert erreichen Chŏng Sŏn (* 1676, ✝ 1759) und Kim Hongdo (* 1760, ✝ um 1820) einen kraftvollen, eigenständig koreanischen Stil. Chŏng Sŏn wurde ein epocheweisender Vertreter der neuen Stilrichtung in der koreanischen Landschaftsmalerei, die als »Chingyŏng-sansu« (Landschaftsskizze vor der Natur) bezeichnet wird. Kim Hondgo war v. a. in der Genremalerei versiert, die kräftige Modellierung und lebhafte Bewegung der einzelnen Figur zeigt. Daneben gab es im 18. Jahrhundert aber auch Maler, die weiterhin den traditionellen Stil pflegten. In der Kalligraphie zeichnete sich Kim Chŏnghŭi (* 1786, ✝ 1857) aus, der besonders im Literatenstil arbeitete.
 
Die koreanische Kunst des 20. Jahrhunderts zeigt eine Synthese von traditionellen Elementen und westlichen Stilrichtungen. Zu der jüngeren Künstlergeneration gehören u. a. Chul-Soo Lee (* 1954, ), Sang-Chol Kim (* 1958), Min-Seon Gu (* 1968), Dong-Yeon Lee (* 1968). International bekanntester Vertreter der koreanischen Kunst ist der Video- und Happeningkünstler Paik Nam June.
 
 
C. Kim u. L. K. Lee: Arts of Korea (Tokio 1974);
 A. B. Griswold u. a.: Burma, Korea, Tibet (21976);
 
Kunstschätze aus Korea, hg. v. R. Goepper, Ausst.-Kat. (1984);
 
Propyläen-Kunstgesch., hg. v. K. Bittel, Bd. 20: J. Fontain u. R. Hempel: China, Korea, Japan (Neuausg. 1985);
 W.-Y. Kim: Art and archeology of ancient Korea (Seoul 1986);
 
Korean art treasures, hg. v. R. Whitfield u. a. (ebd.1986);
 R. Violet: Einf. in die Kunst Koreas (Leipzig 1987);
 B. Jungmann: Die korean. Landschaftsmalerei u. die chin. Che-Schule. Vom späten 15. bis zum frühen 17. Jh. (1992).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Korea bis 668 n. Chr.: Staatenbildung im Land der Morgenstille
 

Universal-Lexikon. 2012.

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